Newsletter 08 2024
22. August 2024

Newsletter 08 2024

Themen im Newsletter


•    Steuerliche Verbesserungen für 2025 im Steuertarif und bei Dienstreisen
•    Sonderwochengeld bei neuerlicher Schwangerschaft während Elternkarenz
•    Neues aus dem Behinderteneinstellungsgesetz
•    VfGH-Erkenntnis zu Kündigungsfristen bei Arbeitern: Es bleibt alles wie bisher


 

Steuerliche Verbesserungen für 2025 im Steuertarif und bei Dienstreisen

Laut Beschluss der Bundesregierung sind ab 01.01.2025 folgende steuerliche Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Lohn- und Gehaltsverrechnung geplant:

Die Grenzbeträge für die Einkommensteuerstufen (mit Ausnahme der obersten Stufe) werden um circa 3,84 % valorisiert, womit die kalte Progression teilweise ausgeglichen wird. Da sich aus dem Einkommensteuertarif bekanntlich der Lohnsteuertarif ableitet, kommt es – wie schon in den vergangenen Jahren – auch zu einer entsprechenden Aufwertung der Lohnstufenbeträge in der Lohnsteuertabelle für 2025.

  1. Der Alleinverdiener- und der Alleinerzieherabsetzbetrag, der Verkehrsabsetzbetrag, der Pensionistenabsetzbetrag und die Freigrenze bei den sonstigen Bezügen sollen entsprechend der vollen Inflationsrate angepasst werden.
  2. Das abgabenfreie Tagesgeld für Inlandsreisen (Maximalbetrag) soll von € 26,40 auf € 30,00 angehoben werden.
  3. Das abgabenfreie pauschale Nächtigungsgeld (Maximalbetrag) steigt von € 15,00 auf € 17,00.
  4. Das Kilometergeld (PKW) wird von bisher € 0,42 auf € 0,50 erhöht.
  5. Der Grenzwert für die Sachbezugsfreiheit von kleinen Dienstwohnungen (in Arbeitsplatznähe und kein Lebensmittelpunkt) wird von 30 m2 auf 35 m2 erhöht.
  6. Bei von mehreren Arbeitnehmern gemeinsam genutzten Dienstwohnungen werden für die Aufteilung des Sachbezugswertes die Gemeinschaftsräume hinkünftig nicht mehr jedem Arbeitnehmer voll, sondern nur noch aliquot zugerechnet. 
     

Die Gesetzwerdung der geplanten Novelle bleibt abzuwarten. Weitere Details und Änderungen können sich daher noch im Zuge der parlamentarischen Behandlung (im Herbst 2024) ergeben.

 


 

Sonderwochengeld bei neuerlicher Schwangerschaft während Elternkarenz

Durch das Sonderwochengeld-Gesetz (BGBl. I Nr. 64/2024, kundgemacht am 4. Juli 2024) wurde als neue Sozialleistung das so genannte Sonderwochengeld eingeführt (§ 163 ASVG). Sonderwochengeld erhalten Personen, deren neuerlicher Mutterschutz während eines aufrechten und gesetzlich karenzierten Dienstverhältnisses beginnt.
 

Der Zweck der neuen Regelung ist die Beseitigung der „Wochengeldfalle“: Frauen, die neuerlich schwanger werden und deren Beschäftigungsverbot gemäß MSchG („Versicherungsfall Mutterschaft“) noch während der Elternkarenz, aber nach Ausschöpfung des Kinderbetreuungsgeldes beginnt, gehen somit hinkünftig nicht mehr leer aus, denn sie haben nunmehr einen Anspruch auf Sonderwochengeld. Dies betrifft in der Praxis vor allem jene Arbeitnehmerinnen, die sich für das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld entschieden haben (bis zum vollendeten ersten Lebensjahr des Kindes), aber eine längere gesetzliche Karenz in Anspruch nehmen. 
 

  • Das Sonderwochengeld gebührt in Höhe des erhöhten Krankengeldes, also im Ausmaß von 60 % der Bemessungsgrundlage. Dabei ist als Bemessungsgrundlage der Bruttoarbeitsverdienst aus dem Kalendermonat vor Ende des letzten Entgeltanspruchs heranzuziehen. Liegt dieser Arbeitsverdienst zur Gänze in einem vergangenen Kalenderjahr, so hat der Krankenversicherungsträger den Wert zu valorisieren. Sonderzahlungen (Urlaubszuschuss und Weihnachtsremuneration) werden durch einen pauschalen Aufschlag von 17 % berücksichtigt


    Antrag auf Sonderwochengeld
    Die jeweilige Arbeitnehmerin hat das Sonderwochengeld selbst beim Krankenversicherungsträger (i.d.R. also bei der ÖGK) zu beantragen. Das standardmäßige Prozedere ist derzeit noch unklar, insbesondere, ob die Arbeitgeber seitens des Krankenversicherungsträgers kontaktiert und z.B. zur Ausstellung von Arbeits- und Entgeltbestätigungen für Sonderwochengeld aufgefordert werden, oder ob der Krankenversicherungsträger die für das Sonderwochengeld maßgebliche Bemessungsgrundlage auf Basis der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung (mBGM) selbst ermittelt. Vor allem die rückwirkende Umsetzung für Sonderwochengeldfälle der Jahre 2022 (ab 1. September) und 2023 könnte sich in diesem Zusammenhang als besondere Herausforderung erweisen.

 

 

 

Neues aus dem Behinderteneinstellungsgesetz

Eine am 18.07.2024 erschienene Gesetzesnovelle (BGBl. I Nr. 98/2024) bringt im Bereich des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) zwei interessante Neuerungen mit sich:

 

1. Behindertenpass
Es wird gesetzlich klargestellt, dass der Behindertenpass nichts mit dem Status der begünstigten Behinderung zu tun hat. Damit wird die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes verdrängt, durch die die klare Trennung zwischen Berufswelt (begünstigter Behindertenstatus) und Privatbereich (Behindertenpass) zeitweilig „aufgeweicht“ worden war. So hatte der OGH Erwerber/innen eines Behindertenpasses zugleich für einen Zeitraum von drei Monaten den provisorischen Status als begünstigte Behinderte zugesprochen (siehe OGH 25.01.2023, 8 ObA 76/22t), mit entsprechenden Auswirkungen auf Ausgleichstaxe, Kündigungsschutz sowie DB-, DZ- und Kommunalsteuerbefreiung. 

 

  • Die OGH-Rechtsprechung ist nun infolge der Gesetzesnovelle überholt: Im § 14 Abs. 1 BEinstG wurde mit Wirkung ab 19.07.2024 ein neuer Satz eingefügt, wonach der Behindertenpass nicht mehr als Nachweis über die Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten gilt. Aus Sicht des Arbeitgebers ist der Behindertenpass von Arbeitnehmer/innen somit völlig bedeutungslos.


In der Praxis ist daher strikt zu unterscheiden:

  1. Der Bescheid über die Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten (siehe § 2 und § 14 BEinstG) ist ausschließlich für den Arbeitsmarkt von Bedeutung (z.B. für die Anrechnung auf die Pflichtzahl im Zusammenhang mit der Ausgleichstaxe, für den besonderen Kündigungsschutz und für die Befreiung bei DB, DZ und Kommunalsteuer).
  2. Der Behindertenpass bringt ausschließlich Vorteile in einigen privaten Bereichen: So gibt es z.B. Ermäßigungen bei diversen Veranstaltungen, unter gewissen Voraussetzungen ist eine steuerliche Absetzbarkeit unter dem Titel „außergewöhnliche Belastung“ möglich, und bei einem Behinderungsgrad ab 70 % sind ÖBB-Fahrkarten zum halben Preis erhältlich

2. Barrierefreiheitsbeauftragte
Ab 01.01.2025 sind alle Unternehmen, die mehr als 400 Arbeitnehmer/innen beschäftigen, zur Bestellung eines/einer Barrierefreiheitsbeauftragten verpflichtet (§ 22h BEinstG).
 

  • Für Unternehmen mit bis zu 400 Arbeitnehmer/innen besteht keine Pflicht zur Bestellung eines/einer Barrierefreiheitsbeauftragten.


Barrierefreiheitsbeauftragte sind dafür zuständig, sich innerhalb des Unternehmens mit Fragen der umfassenden Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderungen – einschließlich angemessener Vorkehrungen zu befassen. Gemäß § 22d BEinstG sollen Barrierefreiheitsbeauftragte insbesondere

  1. Missstände aufzeigen und Veränderungsvorschläge einbringen,
  2. den regelmäßigen Austausch mit den jeweiligen Behindertenvertrauenspersonen pflegen und
  3. mit jenen Personen zusammenarbeiten, die zuständig sind für die Umsetzung der Barrierefreiheit im baulichen Bereich, in der Informations- und Kommunikationstechnologie, bei der Ausstattung von Arbeitsplätzen, bei Sicherheits-, Krisen- und Notfallplänen, bei der Planung und Organisation von Veranstaltungen und bei der Öffentlichkeits- und Informationsarbeit.

 

Die als Barrierefreiheitsbeauftragte/r bestellte Person muss dem Personalstand des jeweiligen Betriebes angehören. Die Funktionsdauer beträgt fünf Jahre (§ 22e BEinstG). Die Tätigkeit von Barrierefreiheitsbeauftragten ist ehrenamtlich neben den Berufspflichten und möglichst ohne Beeinträchtigung des Betriebsablaufes auszuüben. Den Barrierefreiheitsbeauftragten steht die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Zeit (einschließlich erforderlicher Aus-, Weiter- und Fortbildungen) unter Fortzahlung des Entgelts zu; die Inanspruchnahme dieser Freistellung ist dem Arbeitgeber mitzuteilen (§ 22f BEinstG). Die Barrierefreiheitsbeauftragten haben über alle ihnen ausschließlich in Ausübung ihres Amtes bekannt gewordenen Betriebsgeheimnisse Verschwiegenheit zu bewahren (§ 22g BEinstG).

 

Praxishinweis: Eine Sanktion bei Nichtbestellung eines Barrierefreiheitsbeauftragten (z.B. Verwaltungsstrafe) ist im Gesetz nicht vorgesehen. Auf freiwilliger Basis können im Unternehmen auch mehrere Barrierefreiheitsbeauftragte bestellt werden, z.B. für unterschiedliche fachliche Bereiche (Baubereich, IT, Arbeitsplatzausstattung etc.) oder örtliche Bereiche (Filialen, Außenstellen o.ä.). 

 

 

 

VfGH-Erkenntnis zu Kündigungsfristen bei Arbeitern: Es bleibt alles wie bisher


Mit Spannung ist sie erwartet worden – nun ist sie da: die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) zur gesetzlichen Kündigungsregelung für Arbeiter (§ 1159 ABGB): 

 

  • Die Höchstrichter haben ausgesprochen, dass die gesetzliche Arbeiter-Kündigungsregelung verfassungskonform ist und daher weiter voll in Geltung bleibt (VfGH 25.06.2024, G-29/2024). 

 

Der VfGH sieht im „Saisonprivileg“, welches den KV-Parteien in Branchen mit überwiegenden Saisonbetrieben die Befugnis zur Zulassung kürzerer Kündigungsfristen einräumt, keine Verletzung des Legalitätsprinzips (Artikel 18 B-VG) und keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Artikel 7 B-VG). Und das, obwohl die Verfassungsrichter selbst zugestehen, dass für die Feststellung des überwiegenden Saisoncharakters pro Branche umfassende Datenerhebungen und Auswertungen erforderlich sind. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang, dass die VfGH-Richter die Chance ungenutzt gelassen haben, eine klare Ansage (in welche Richtung auch immer) zu treffen. Möglicherweise war die Scheu zu groß, in das konfuse Regelwerk der gesetzlichen Kündigungsfristen einzugreifen.

 

Besonders stark betroffen ist das Hotel- und Gastgewerbe: Bekanntlich sind bereits die Wirtschaftskammer (WKO) und auch die Gewerkschaft (ÖGB) im Rahmen von zwei großen Verfahren beim OGH an der kaum überwindbaren Schwierigkeit gescheitert, für das Hotel- und Gastgewerbe den überwiegenden Saisoncharakter anhand ausreichenden Datenmaterials nachzuweisen bzw. zu widerlegen. 
Hoteliers und Gastwirte, die mit der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist von 14 Tagen kündigen, müssen daher weiterhin mit Urgenzen der Arbeiterkammer sowie damit rechnen, beim Arbeits- und Sozialgericht (i.d.R. auf Kündigungsentschädigung) geklagt zu werden. 
 

Praxistipp: Aufgrund dieser fortdauernden Rechtsunsicherheit ist im Hotel- und Gastgewerbe nach wie vor zu empfehlen, im Falle einer geplanten Beendigung von Arbeiter-Dienstverhältnissen auf einvernehmliche Auflösungen „auszuweichen“. Wenn dies mangels Zustimmung des Arbeitnehmers nicht gelingt, sollte vorsichtshalber die gesetzlich maßgebliche Kündigungsfrist (zum vorgesehenen Kündigungstermin) angewendet werden. 
 

Aber nicht nur über dem Hotel- und Gastgewerbe, sondern auch über einigen anderen Branchen hängt das Damoklesschwert der rechtlichen Unsicherheit: Und zwar im Prinzip überall dort, wo der jeweilige Kollektivvertrag für Arbeitgeberkündigungen kürzere als die gesetzlichen Kündigungsfristen (bzw. über den § 1159 ABGB hinausgehende Kündigungstermine) vorsieht und der überwiegende Saisoncharakter der Branche nicht eindeutig feststeht. 
 

  1. Beispiel: Während diesbezüglich die Situation z.B. bei den Dachdeckern oder im Baugewerbe unproblematisch erscheint (es handelt sich eindeutig um Saisonbranchen), könnte z.B. der von den KV-Parteien unterstellte Saisoncharakter des Güterbeförderungsgewerbes oder des Tischlergewerbes von Arbeitnehmerseite künftig in Frage gestellt werden.
     
  • Es bleibt insoweit alles beim Alten: Es ist weiterhin unklar, wer die Beweislast dafür trägt (Arbeitgeber/in oder Arbeitnehmer/in), dass eine Branche eine überwiegende Saisonbranche ist oder nicht, und ob demzufolge eine verkürzte KV-Kündigungsfrist anwendbar bleibt oder durch die gesetzliche Kündigungsregelung verdrängt worden ist.

 

Nachdem sich der VfGH nun elegant aus der Affäre gezogen hat, ist zu hoffen, dass die Kollektivvertragsparteien oder der Gesetzgeber das für die Praxis sehr drängende Problem in absehbarer Zeit lösen werden.


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